Die Unterhose

Generell trugen im Mittelalter die Frauen keine Unterhosen. Dies war vorwiegend nur Männern zugedacht.[1]

Die Unterhose nannte man »bruchen«. Die Bezeichnung kann sich sprachlich auf zweierlei beziehen: Entweder auf »bruchen« für (ge)brauchen oder auf »brouchen« für (zurecht)biegen bzw. formen. Vermutlich bezieht es sich auf Letzteres, da ein Kleinhändler für Leinwand und Garn »brüechlaer« hieß.

Die ursprüngliche Unterhose waren nicht genäht, sondern aus einem Stück Stoff gewickelt. Es handelt sich hierbei um ein rechteckiges Tuch, das manchmal mit einem Zipfel in der Mitte versehen war. Dieser Typ Unterhose reichte bis zu den Knien und wurde in der Taille gebunden (siehe Abbildung 33).

Die Bruche war aber sicher nicht bequem und im Alltag gewiss unpraktisch. Beim verrichten der Notdurft werden die vielen Schichten Stoff – der Bruche, des langen Hemdes und der ein bis zwei Überkleider – recht hinderlich gewesen sein.[2]

Im Laufe der Zeit entwickelte die mittelalterliche Mode eine neue Art von Bruche mit weniger Stoff. Sie wurde in der Taille von einem Gürtel (»brouchgürtel«) oder einem Band gehalten, die durch einen genähten Tunnelzug liefen. Des Weiteren diente dieses Modell auch zur Befestigung der so genannten »Beinlingen« (eine Art Strumpfhose). Im 15. Jahrhundert ändert sich das Erscheinungsbild der Bruche wieder. Sie wurde kleiner und enger. Man könnte sie mit einem heutigen Tanga vergleichen. Als Material wurde meistens Leinen, Hanf oder Nessel verwendet. Um solch ein Modell handelt es sich beim Lengberger Fund.[3]

Betracht man die vorhandene Literatur und die Quellenlage, so kann man davon ausgehen, dass ein solches intimes Kleidungsstück nicht unbedingt von einem Schneider gefertigt worden ist, zumal „der einfache Schnitt den Einsatz eines Profis kaum rechtfertigt“, sondern direkt vorort von einer gut gelernten Näherin produziert worden ist. Darauf lassen weitere Fundstücke, wie z.B. eine eiserne Nähnadel, sowie die Analyse der Fundstücke schließen.[4]

Nun stellt sich nur noch die Frage, wer der Träger dieser Hose war. Bei genauerer Betrachtungsweise kamen die Experten zum folgenden Schluss, dass der Träger dieser Unterhose aus dem niederen Stand kam. Die Begründung dafür liegt einerseits in der dreimaligen Flickung der Unterhose. Eine adeliger/vermögender Träger hätte ein solches „Kleidungsstück von so geringem materiellen Wert“ nicht flicken lassen, geschweige selbst die dreimaligen Reparaturen durchgeführt, sondern eine neue anfertigen lassen. Des Weiteren kann man davon ausgegehen, dass die wiederholten Reparaturen zu einer Verschlechterung des Tragekomforts führte, besonders deshalb, da sich dadurch der Rand der Unterhose versteifte und zu möglichen Scheuerungen auf der Haut führen konnte. Somit verzichtete man höchstwahrscheinlich auf eine vierte Reparatur und  lagerte diese Hose ein.[5]

Fazit: Bei der Unterhose handelt sich um ein einfaches Gebrauchskleidungsstücke eines Mannes niederen Standes, möglichweise eines Handwerkes, Dienstmannes von Schloss Lengberg.

Die Datierung der Fundstücke erfolgte auf dreierlei Art und Weise: Zum einen wurde aufgrund der Fundorts darauf geschlossen, dass im Zuge des Umbaus von 1480-85 diese „unbrauchbare“ Unterhose in die Gewölbezwickelfüllung eingebracht wurde. Zum anderen lassen Ikonographien darauf schließen, dass dieses Modell aus dem 15. Jahrhundert stammen könnte. Schlueßendlich brachte eine 14C-Analyse eine datierung wischen 1440 und 1485 als Ergebnis.[6]

Anmerkungen:
[1] Beatrix Nutz/Harald Stadler: Gebrauchsgegenstand und Symbol. Die Unterhose (Bruoch) aus der Gewölbezwickelfüllung von Schloss Lengberg, Osttirol, in: Jan Keupp/Romedio Schmitz-Esser (HG.): Neue alte Sachlichkeit. Studienbuch Materialität des Mittelalters, Ostfildern 2015, S. 243ff
[2] Zitiert nach: Gabrielle Praschl-Bichler: Affenhaube, …, S. 36
[3] Vgl. Katrin Kania: Kleidung im Mittelalter…, S. 126f, Gabrielle Praschl-Bichler: Affenhaube, …, S. 36, vgl. auch Beatrix Nutz/Harald Stadler: Gebrauchsgegenstand und Symbol…, S. 233ff
[4] Vgl. Beatrix Nutz/Harald Stadler: Gebrauchsgegenstand und Symbol …, S. 231f
[5] Vgl. Beatrix Nutz/Harald Stadler: Gebrauchsgegenstand und Symbol …, S. 232f
[6] Vgl. Beatrix Nutz/Harald Stadler: Gebrauchsgegenstand und Symbol …, S. 240ff; vgl. Beatrix Nutz: Die Unaussprechliche, in: Harpfe. Zeitung für Landeskunde (Heft 2, 2010), S. 30f